Titan, Vollender, Feuergeist
Ludwig van Beethoven. Der Vollender der Wiener Klassik. Früher, in romantischeren Zeiten, nannte man ihn den „Titan“ der Musik. Beethoven, den Bonner Musikantensohn, der zum berühmtesten Wahlwiener der Musikgeschichte wurde.
Ein Feuergeist war er fürwahr. Ein Revolutionär, ein überzeugter Republikaner. Von Tragik war und ist er umwittert, der zeitlebens einsame Mann, der ab etwa 1800 die Noten, die er schrieb, nur mehr in seinem Innern hören konnte. Träumend von einer „unsterblichen Geliebten“, die er nie finden konnte. Seine Freunde hatten es nicht leicht mit dem schwierigen Zeitgenossen. Doch er hatte auch scharfen Witz und rauen Charme.
Wie alle großen Vollender, wie zum Beispiel Bach legte er Spuren und Wegmarken in die Zukunft. Die klassische Harmonik und die Sonatenform reizte er bis an äußerste Grenzen aus. Wo endet die Klassik, wo beginnt die Romantik? Mitten im Werk von Beethoven. Und er ging sogar noch über die Romantik hinaus. Die 9. Symphonie oder die späten Streichquartette können heute noch in ihrer Modernität verblüffen. 2020 wird ein Jahr für Beethoven. Sein 250. Geburtstag ist zu feiern und er wird auch in vielen Konzerten der Bad Reichenhaller Philharmoniker gefeiert. In Orchesterkonzerten unter Chefdirigent Christian Simonis und Gästen, in Stunden kostbarer Kammermusik mit den Mitgliedern des Orchesters und ihren Gästen. Und in Zusammenarbeit mit drei Musikhochschulen – denen von Salzburg, München, Nürnberg.
Orchesterkonzerte
Im Zentrum der Orchesterkonzerte stehen alle fünf Klavierkonzerte, aber auch das Violin- und das Tripelkonzert, also alle Instrumentalkonzerte Beethovens, interpretiert von jungen Talenten und arrivierten Solistinnen und Solisten. Die Erste Symphonie, noch im Banne Haydns und Mozarts und doch schon vorwärts drängend, die seltener gespielte, experimentelle „Vierte“, die „Fünfte“, die „Schicksalssymphonie“ und die „Pastorale“, als Zeugnisse reifer Meisterschaft sowie Ouvertüren ergänzen das Programm. Freunde und Schüler wie Ferdinand Ries und Friedrich Kalkbrenner beweisen, dass es auch rund um Beethoven wertvolle Musik gibt. Bedeutende Komponisten der Gegenwart dürfen nicht fehlen. Enjott Schneider, mit Bad Reichenhall besonders verbunden, macht sich unter dem sprechenden Titel „Raptus“ (Fortreißen, Entführung) musikalische Gedanken über „die Freiheit des Beethoven“. Thomas Daniel Schlees „Musik für ein Fest“ entstand 2005 für die Wiedereröffnung des Theaters an der Wien als Opernhaus. Es ist jenes Haus, in dem „Fidelio“, der schwer erarbeitete musikdramatische Geniestreich Beethovens, uraufgeführt worden ist.
Kammermusik
Im Bereich der Kammermusik erklingen bekannte und beliebte Stücke, aber auch Seltenes. Wann hört man schon Harmoniemusik, also Bläserstücke, von Beethoven? Am ehesten noch den „Yorck`schen Marsch“, aber wer weiß, dass der eigentlich friedliebende und ganz und gar nicht chauvinistische, aber durchaus patriotisch denkende Mann auch einen echten Zapfenstreich für die Militärmusik komponiert hat? Eine exquisite Perle im Reigen der Kammerkonzerte ist jenes am 12. Mai unter den Motto „Beethoven pur!“, in dem das Streichquartett „Reich an Hall“ mit Gästen von vergnüglichen ländlerischen Tänzen und Eccossaisen zum Kanon „Es muss sein“ führt, der im 4. Satz des Streichquartetts op. 135 zum Menetekel des Schicksals und der Vorsehung wird. Frauen gab es etliche rund um den stets Liebe suchenden Beethoven, und so spielen nicht nur „Reich an Hall“, sondern auch „Tre Donne“ des Orchesters die jugendfrische Serenade für Streichtrio. „Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie“, so einer der viel zitierten Aussprüche Beethovens. Denn Musik, wenn sie so gut ist, hat eine spirituelle Energie, die über die Mühsal des Alltäglichen hinweg in den Himmel der Kunst führt.
Text: Gottfried Franz Kasparek
Das tagesaktuelle Konzertprogramm in Bad Reichenhall mit Stücken von Beethoven finden Sie hier.